Schwangerenberatung 'Die Birke' vor dem Aus?

15. Oktober 2009 in Deutschland


Gründerin wirft Nachfolger "feindliche Übernahme" vor


Heidelberg (kath.net/idea)
Der überkonfessionellen Schwangerschaftsberatungsstelle „Die Birke“ in Heidelberg droht das Aus. Der Grund: Die Gründerin und langjährige Vorsitzende, Sonja Dengler (Neckargemünd bei Heidelberg), fühlt sich von ihrem Nachfolger hintergangen. Die Familientherapeutin selbst hatte im März den bisherigen Geschäftsführer Kristijan Aufiero vorgeschlagen, als sie nach 23 Jahren Leitungstätigkeit den Vorsitz abgab. Sie wollte sich auf den Ausbau der von ihr vor zwei Jahren gegründeten Spaemann-Stiftung konzentrieren, die sich ebenfalls für den Lebensschutz engagiert. Ende September machte sie ihre Kritik an Aufiero in einem vier Seiten langen Schreiben an die mehr als 5.000 Freunde öffentlich. Auf dem Briefpapier der „Birke“ schrieb sie, Aufiero habe ihr Vertrauen erschlichen und von ihr „unbemerkt die Birke feindlich übernommen“. Anstatt die Beratungsstelle in ihrem Sinn weiterzuführen und mit der Spaemann-Stiftung zusammenzuarbeiten, habe Aufiero „aus heiterem Himmel die vereinbarte Unterstützung“ der Stiftung verweigert. Frau Dengler bat die Empfänger des Schreibens, künftig direkt an die Spaemann-Stiftung zu spenden.

„Birke“-Vorstand weist Vorwürfe zurück

Der Vorstand der ausschließlich aus Spenden finanzierten „Birke“ hat inzwischen ebenfalls die Freunde angeschrieben und alle Vorwürfe zurückgewiesen. Seiner Ansicht nach geht der Streit vor allem um Geld. Frau Dengler habe seit längerem Geld und Personal „in einem enormen Umfang“ für die Spaemann-Stiftung und den Vorgänger-Verein „Kinder-Kinder“ ausgegeben. Für diese Weitergabe von Spenden gebe es keine schriftliche Vereinbarung, da Frau Dengler in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende aller Organisationen „nach Gutdünken“ über die Verwendung der Mittel entschieden habe. Zugleich informierte der Vorstand über einen Brief, in dem Frau Dengler „Weiterungen“ ankündigt. In diesem Brief wird Aufiero aufgefordert, „innerhalb von 48 Stunden seinen falschen Weg einzugestehen“. Andernfalls sei anzunehmen, dass Aufiero gekommen sei, um nicht nur die „Birke“, sondern auch seine eigene Familie zu zerstören. Gegenüber idea bezeichnete Aufiero Denglers Schreiben als „Rufmord“. Trotz massiver Drohungen werde er nicht kapitulieren. Die „Birke“ bekomme Spenden für die Beratungsarbeit und nicht zur Weitergabe an andere Organisationen. Dennoch sei auch nach dem Weggang von Frau Dengler eine Kürzung der Leistungen für die Spaemann-Stiftung „niemals beabsichtigt“ gewesen. Zum Eklat sei es gekommen, als Frau Dengler mehr Geld für ihre Stiftung haben wollte. Dies sei vom Vorstand der „Birke“ abgelehnt worden. Darauf stellte Frau Dengler die Rechtmäßigkeit des jetzigen Vorstands infrage und wollte beim Amtsgericht eine Absetzung erwirken. Das Gericht fand jedoch keine Unregelmäßigkeiten.

Neue Ansätze in der Beratungs- und Präventionsarbeit

Auf Rückfrage von idea nannte Frau Dengler die Darstellung, bei dem Streit gehe es um die heimliche Weitergabe von Spendengeldern, eine „Verleumdung“. Die Spender seien über neue Ansätze in der Beratungs- und Präventionsarbeit, beispielsweise Video-Spots, Schulunterricht und einen Wettbewerb zur Stärkung der Familie, im Freundesbrief informiert worden. Hinter diesen Aktivitäten stehe die Erkenntnis, dass die Abtreibungsfrage langfristig nur dadurch gelöst werden könne, wenn zusätzlich zur akuten Beratung Jugendlichen und jungen Erwachsenen bereits im Vorfeld eine neue Einstellung zu Familie und Beziehungen vermittelt werde. Dafür habe die Spaemann-Stiftung kein Geld gewollt. Es sei vielmehr um Hilfe beim Aufbau eines eigenen Spenderkreises innerhalb eines vereinbarten Zeitraums von zwei Jahren gegangen. Aufieros Ziel sei es aber, „das Spendenaufkommen der Birke möglichst rasch auf fünf Millionen Euro zu erhöhen, anstatt den Schutz von Kindern zu verbessern“, so Frau Dengler. Sie werde nicht aufhören, weiter um ihr Lebenswerk zu kämpfen.

Massiver Spendeneinbruch

Laut Aufiero hat der Streit bereits zu einem massiven Spendeneinbruch geführt. Dies sei umso bedauerlicher, als sich die Zahl der Ratsuchenden in den vergangenen Monaten beträchtlich erhöht habe. Die 17 Vollzeit- und 9 Teilzeit-Mitarbeiter seien ausgelastet. Am Konzept der „Birke“ habe sich in den vergangenen Jahren nichts geändert. Dazu gehöre der Verzicht auf das Ausstellen von Beratungsscheinen, die eine Voraussetzung für eine straffreie Abtreibung sind. Die Bescheinigungen missachteten das Recht der Frau auf echte Hilfe und das Lebensrecht des Kindes. „Bei uns bekommen Frauen nicht irgendeinen Zettel, sondern Beratung, Hilfe und ihr Kind“, laute das Selbstverständnis. Aus den Rückmeldungen der Ratsuchenden wisse man, dass sich mehr als 80 Prozent für das Austragen des Kindes entschieden. Dies bedeute, dass „im Prinzip jedes ungeborene Kind in Deutschland gerettet werden könnte, wenn es mehr Spenden gäbe“, glaubt Aufiero.


© 2009 www.kath.net