ZDF-Sendung erzürnt Evangelikale

6. August 2009 in Deutschland


"Frontal 21" vergleicht Missionare mit islamischen Attentätern


Mainz (kath.net/idea)
Auf scharfe Proteste ist ein Beitrag des ZDF-Magazins „Frontal 21“ am 4. August über junge evangelikale Christen gestoßen, die sich in der Weltmission engagieren. Unter dem Titel „Sterben für Jesus – Missionieren als Abenteuer“ wurden Missionare mit islamistischen Selbstmordattentätern verglichen.

In der Abmoderation des Beitrags hieß es: „Bereit sein, für Gott zu sterben: Das klingt vertraut – bei islamischen Fundamentalisten. Doch auch für radikale Christen scheint das zu gelten.“ Anlass für den Beitrag war die Ermordung von zwei Studentinnen der Bibelschule Brake und einer Südkoreanerin im Juni im Jemen.

Die Bibelschülerinnen Rita Stumpp (26) und Anita Grünwald (24) hatten ein Praktikum an einem Krankenhaus absolviert. In der Anmoderation des Beitrags hieß es, angeworben von evangelikalen Missionswerken verbreiteten junge Christen den „rechten Glauben“ vor allem in Gegenden, die mit der Lehre Jesu unerreicht seien – in Nordafrika, dem Mittleren Osten und Asien. Willkommen seien sie dort nicht: „Manche bezahlen ihr Missionsabenteuer mit dem Leben.“ Die Autoren des Beitrags, Arndt Ginzel, Martin Kraushaar und Ulrich Stoll, vertreten die Ansicht, dass es eine „lange, unheilige Tradition“ gebe, für Gott als Märtyrer zu sterben: „Auf dem Missionarsfriedhof in Korntal liegen jene, die den Evangelikalen noch heute als Vorbild dienen.“ In Korntal bei Stuttgart hat auch die Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen (AEM) ihren Sitz.

AEM: Platte Polemik

Deren Vorsitzender, Missionsdirektor Detlef Blöcher (Sinsheim bei Heidelberg), übt in einem Brief an das ZDF heftige Kritik an der „platten Polemik“ des Beitrags. Er wirft den Autoren eine „diskriminierende Haltung und Doppelmoral“ vor. Es sei „großartig“, wenn sich junge Leute mit ganzem Herzen für ein großes Ziel im Leben einsetzen, zumal wenn sie dabei Menschen in Not helfen. „Dies hat aber nichts mit Todessehnsucht oder Selbstmordkommando zu tun, wie die Autoren böswillig unterstellen“, so Blöcher. Die Autoren täten so, „als gäbe es keinen Unterschied zwischen der biblischen Botschaft der Liebe und Versöhnung und dem unbändigen Hass radikaler Islamisten, möglichst viel Blut von ‚Ungläubigen’ zu vergießen“.

Der AEM-Vorsitzende bezeichnet es als Doppelmoral, wenn man einerseits Journalisten und Umweltaktivisten bewundere, die ihr Leben für Recherchen aufs Spiel setzten, während andererseits Christen, die von ihrem Glauben begeistert seien, als „Fanatiker“ abgetan und mit „Abscheu“ betrachtet würden. Blöcher weist ferner den Vorwurf zurück, dass evangelikale Missionswerke in Deutschland ihre Mitarbeiter bei Auslandseinsätzen unkalkulierbaren Risiken aussetzten. Diese Werke seien mehr auf Sicherheit bedacht als viele Reiseveranstalter. Blöcher kritisiert ferner, dass die „Frontal 21“-Redakteure mit versteckter Kamera gedreht und damit Hausfriedensbruch begangen hätten: „Gleichzeitig werfen sie aber Christen Gesetzesbruch vor, wenn sie neben ihrem Friedens- und Entwicklungsdienst vielleicht auch mal eine Bibel weitergeben.“

Dabei übersähen die Journalisten völlig, dass in den betreffenden Ländern die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte als viel gefährlicher angesehen werde als eine Bibel. Die AEM ist der größte Missionsdachverband in Deutschland. Die 92 Mitgliedswerke haben rund 3.900 Mitarbeiter in alle Welt entsandt.

KEP legt Programmbeschwerde ein

Der Geschäftsführer des Christlichen Medienverbundes KEP (Konferenz Evangelikaler Publizisten), Wolfgang Baake (Wetzlar), legte Programmbeschwerde ein. In dem Beitrag werde der Versuch unternommen, christliche Märtyrer, die es auch heute noch gebe, zu diffamieren.

Baake: „Dass die christliche Kirche in ihrer 2.000-jährigen Geschichte Kirchengeschichte Märtyrer hatte, wird verschwiegen.“ Außerdem würden unwahre Behauptungen aufgestellt.

So werde ein Friedhof in Korntal gezeigt, auf dem angeblich um ihres Glaubens willen ermordete Christen bzw. Missionare beerdigt worden sein sollen. Richtig sei, „dass auf dem Friedhof nicht eine einzige Person beerdigt ist, die diesem Personenkreis zuzurechnen wäre“. Außerdem hätten sich „Frontal 21“-Mitarbeiter in der Korntaler Akademie für Weltmission als Studenten ausgegeben und mit versteckter Kamera gedreht. Damit seien Rechtsbrüche in Kauf genommen worden. Baake: „Alle diese Beispiele begründen die Vermutung, dass die Frontal-Redaktion nicht recherchiert hat, um einen Beitrag über christliche Mission wertfrei zu dokumentieren.“ Sie habe vielmehr versucht, Klischees durch gezielte Manipulation zu untermauern. Baake fordert eine sachliche Richtigstellung in der nächsten Frontal 21-Sendung.

„Übelste Tendenzberichterstattung“

Der Vorsitzende der Evangelischen Vereinigung für Bibel und Bekenntnis in Baden, Pfarrer Hermann Traub (Kraichtal bei Karlsruhe), rügt in einem Brief an das ZDF den Beitrag als „Tendenzberichterstattung der übelsten Sorte“. Man wolle den Zuschauern weismachen, „dass Mission gleich Märtyrer gleich Selbstmordattentäter“ sei. Junge Christen würden „als potenzielle Kämpfer des Fundamentalismus“ dargestellt, der irgendwann in Terrorismus umschlage. In Abwandlung des ZDF-Werbeslogans „Mit dem Zweiten sieht man besser“ hätte der Beitrag besser den Titel tragen müssen „Mit dem Zweiten schießt man besser“, so Traub. Er fordert neben einer sachlichen Richtigstellung in der nächsten „Frontal 21“-Sendung auch eine Entschuldigung des ZDF-Intendanten Markus Schächter (Mainz). Der Beitrag verhöhne Christen, christliche Hilfswerke und ihren weltweiten Einsatz. Ein solcher „unseriöser Journalismus“ bereite einem Denken den Weg, „dass christlicher Glaube immer in einen terroristischen Fundamentalismus führen will und deshalb wie der islamische Fundamentalismus eine Bedrohung darstellt“.


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