Die große Kontroverse: Sind es tatsächlich die Gebeine des Apostels?

1. Juli 2009 in Aktuelles


Historiker Michael Hesemann antwortet der deutschen Archäologin Carola Jäggi, die sich skeptisch zum Fund des Paulus-Grabes äußerte


Rom (kath.net)
Die deutsche Archäologin Carola Jäggi hat bezweifelt, dass sich die Knochenfunde im Paulusgrab in Rom je wissenschaftlich eindeutig dem Apostel zuordnen lassen. "Wir haben von Paulus keine DNA, wir haben nichts, was wir vergleichen können", sagte die Lehrstuhlinhaberin für Christliche Archäologie und Kunstgeschichte an der Universität Erlangen der "Nürnberger Zeitung" (30. Juni). Deshalb sei es ihr schleierhaft, wieso der Fund als Sensation bezeichnet werde. "Denn dass in einem Sarg Knochen liegen, gehört sich für ein Grab."
Anhand von Einzelknochen im Beckenbereich lasse sich lediglich beweisen, dass es sich um einen Männerknochen handle, so die Wissenschaftlerin. Mit Radiokarbon könne unter Umständen zudem nachgewiesen werden, dass die Funde aus dem ersten oder zweiten nachchristlichen Jahrhundert stammten. Es könnten jedoch die Gebeine irgendeines Mannes aus jener Zeit sein.

Ganz anders beurteilt der deutsche Historiker Michael Hesemann, Autor des Bestsellers "Paulus von Tarsus. Archäologen auf den Spuren des Völkerapostels", den Fall. "Dass Paulus in Rom das Martyrium erlitt ist seit Ende des 1. Jahrhunderts bezeugt, von seinem Grab an der Via Ostiense berichten Quellen aus dem 2. Jahrhundert", kommentierte er am Donnerstag gegenüber Kath.Net die Meldungen aus Rom. "Tatsächlich war die römische Tradition so eindeutig, dass Kaiser Konstantin der Große einen römischen Friedhof überbauen ließ, als er für Paulus eine Memorialbasilika stiftete. Das wurde von den Römern als schwere Störung der Totenruhe, als Sakrileg verstanden. Er muss also sehr gewichtige Gründe gehabt haben, um diesen Platz zu wählen. Es ist absurd, zu glauben, er hätte diesen Aufwand über dem Grab eines anonymen Sklaven oder aufgrund irgendeiner frommen Spekulation betrieben."

Natürlich, so Hesemann, sei es unmöglich, die Echtheit der Paulus-Gebeine durch eine DNA-Probe zu beweisen. Trotzdem, erklärte der Historiker, gäbe es eine Reihe von Kriterien, die für eine zukünftige Untersuchung der Knochen relevant wären.

Hesemann betont: "Wir wissen jetzt schon einmal Dank der C-14-Datierung einer Knochenpartikel, dass der Tote im 1. Jahrhundert lebte, was zumindest nicht gegen eine Identifikation mit Paulus spricht. Er muss natürlich ein Mann gewesen sein, der im Alter von 55-59 Jahren eines unnatürlichen Todes starb - Paulus wurde geköpft. Aus seinen Selbstbeschreibungen, aus der frühchristlichen Ikonografie und aus den Apostelromanen des 2. Jahrhunderts wissen wir, dass Paulus klein und schmal war, also von feinem Knochenbau. Er hat nie schwere körperliche Arbeit gekannt, zum Broterwerb war er als Zeltmacher tätig, übte also ein leichtes Handwerk aus. Er berichtet von häufigen Krankheiten, wahrscheinlich litt er unter einer Form der Malaria. Für die forensische Anthropologie liegt damit ein ziemlich klares Profil vor."

Auch eine DNA-Untersuchung könnte weitere Indizien liefern, glaubt der Historiker: "Paulus hinterließ zwar keine Nachkommen, aber wir wissen, dass er ein Jude aus dem Stamme Benjamin war - entfernte Verwandte könnte es also durchaus geben."

Hesemann meint abschließend: "Wenn diese Kriterien erfüllt sind, kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gesagt werden, dass es Paulus war. Ist auch nur eine dieser Bedingungen nicht erfüllt, sind Zweifel angebracht. Bislang aber bin ich zuversichtlich."

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