Anmerkungen zu den illegalen Priesterweihen der Piusbruderschaft

27. Juni 2009 in Deutschland


Loyalität ist mehr als bloße Gefolgschaft – die Diskussion über die Priesterweihen der Piusbruderschaft stellt in mancherlei Hinsicht einen Offenbarungseid dar - Ein kath.net-Kommentar von Nathanael Liminski


Köln (kath.net)
„Man muss auf Rom vertrauen und die stille Diplomatie wirken lassen“. So hört und liest man in romtreuen katholischen Kreisen, wenn man dieser Tage das Thema der heutigen Priesterweihen der Piusbruderschaft zur Diskussion stellt. Wer selbst nachdenkt und Fragen aufwirft, gerät da schnell in den Verdacht, die Loyalität zum Papst und die Treue zur Kirche aufgegeben zu haben. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Wie kommt es zu dieser Selbstzensur? Einen großen Teil trägt die von Seiten der Bruderschaft verbreitete Losung bei, man sei „in ständigem Austausch mit Rom“ und stoße dort auf „Verständnis“. Eine Art Back-Channel-Diplomatie und besondere Nähe gar zum Papst selbst wird suggeriert. Die Ratzinger-skeptische Presse glaubt das gerne. Die Folgen jedoch sind fatal: Sie erschöpfen sich nicht nur darin, dass der Papst damit durch die Bruderschaft für die eigenen Zwecke öffentlich vereinnahmt wird.

Auch auf das kirchliche Miteinander entfaltet dieses Vorgehen seine ganz eigene Auswirkung: Es wird ein Keil zwischen die deutschen Bischöfe und den deutschen Papst getrieben. Wie dem in kluger Voraussicht vorzubeugen ist, hat dieser Tage der zuständige Ortsbischof Gerhard Müller vorgemacht: Nachdem er auf seine schriftliche Anfrage nach dem richtigen Umgang mit der geplanten Weihe aus Rom keine Antwort erhielt, suchte er den direkten Kontakt zu Papst Benedikt.

Man darf davon ausgehen, dass seine Stellungnahmen nach den Gesprächen mit dem Oberhirten abgestimmt worden sind. An Klarheit lassen diese Worte des auch sonst für deutliche Worte bekannten Regensburger Bischofs jedenfalls nichts zu wünschen übrig.

Nachdem das Presseamt des Vatikans die Weihen als „nach wie vor illegitim“ bezeichnet hatte, sei das Festhalten der Bruderschaft „ein Akt der Widerspenstigkeit“ und „ein Missbrauch der Sakramente“. Den von der Bruderschaft immer wieder ins Feld geführten Verweis auf den noch ungeklärten eigenen kirchenrechtlichen Status nennt Müller „fadenscheinig“.

Recht hat er, berücksichtigt man die Tatsache, dass die für die Piusbruderschaft künftig zuständige Glaubenskongregation bereits vor zwei Monaten mit ausdrücklicher Billigung des Papstes Richtlinien festgelegt hat, die eine Priesterweihe nicht billigen. Die Richtlinie verlangt von den weihenden Bischöfen wie von den Priesteramtskandidaten, vor dem Weiheakt das Einverständnis des zuständigen Ortsbischofs einzuholen. Beides ist in Zaitzkofen nicht gegeben.

Dieses Vorgehen spricht dafür, dass die Bruderschaft entgegen ihrer Zusage im Vorfeld der Aufhebung der Exkommunikation die Autorität des Papstes nicht anerkennt. Mit dieser Missachtung bewegt man sich bereits außerhalb der Kirche. Die Proklamierung eigener Kontakte zum Papst täuscht über diesen Umstand hinweg. Die Kirche beruht auf dem Prinzip der Ortskirche. Das gilt auch für die Piusbruderschaft.

Die nun bekannt gewordene enge Zusammenarbeit zwischen dem Heiligen Vater und Bischof Müller stellt das klar. Eine Exkommunikation muss das nicht bedeuten. Auch im verbalen Umgang mit dieser durch die Tat auf sich gezogenen Strafe ist Vorsicht geboten. Bischof Müller hat dazu klargestellt, dass nach dem Kirchenrecht eine unerlaubte Bischofsweihe die Exkommunikation nach sich ziehe, die unerlaubte Weihe von Priestern hingegen die Suspension. Die jedoch wiederum verbietet es, Weihen vorzunehmen.

Dass man hier an die Grenzen des Vermittelbaren stößt, hat auch Müller als Theologie-Professor erkannt und die Mitstreiter in Rom darauf hingewiesen, dass Wortspielereien darüber, dass „unerlaubt“ nicht „verboten“ heiße, dem Ernst der Lage nicht entsprächen.

In Deutschland versuchen nun manche, über das Mittel des religiösen Mitgefühls Verständnis für das Vorgehen der Piusbrüder zu wecken. Doch noch hat niemand von der Bruderschaft verlangt, ihr gesamtes Glaubensleben mit Blick auf die Spendung von Sakramenten einzustellen. Würde man das Kirchenrecht eng auslegen, wäre genau das geboten.

Doch weiß man in der Kirche nach Jahrtausenden Erfahrung, dass das gemeinsame Glaubensleben letztlich auf der Freiwilligkeit und dem guten Willen der Beteiligten beruht – und zeitweilige Grau-Zonen dem Durchsetzen des Wahrheitsanspruchs eher zuträglich als schädlich sind.

Jedoch muss man konstatieren, dass die Einweihung von Kapellen und die Ordination von Priestern nur selten dringend gebotene Schritte darstellen. Eine Verschiebung der Weihen bis zur Klärung des kirchenrechtlichen Status der Bruderschaft hätte – bei aller gebotenen Sensibilität im Umgang mit Berufungen - keine persönliche Katastrophe für die Beteiligten bedeutet. Dass die Führung der Bruderschaft die Gelegenheit für ein positives und öffentliches Signal in Richtung Dialog verstreichen lassen und richtiggehend ausgeschlagen hat, zeugt nicht gerade von freiwilliger Anerkennung der päpstlichen Autorität oder von gutem Willen für die anstehenden Verhandlungen.

Doch mancher in Deutschland scheint päpstlicher als der Papst sein zu wollen. Statt die Problematik auf ihre Verursacher, nämlich die Bruderschaft selbst, zurückzuführen, stimmt man ein in die stets gesellige Dauerkritik an den deutschen Bischöfen.

Dem Ziel der gewünschten Einheit zwischen dem Papst und den Bischöfen seiner Heimat ist das jedoch eher abträglich. Der Verweis auf sicherlich bedenkliche oder gar fehlerhafte Äußerungen manches deutschen Kirchenfürsten entschuldigt den „Verhandlungsstil“ oder eher „Nicht-Verhandlungsstil“ der Piusbruderschaft jedenfalls nicht.

Der Einwand, nur in Deutschland reagiere man derartig empfindlich, während man in den USA und Frankreich gelassen die Weihe zur Kenntnis genommen habe, verkennt die Tatsache, dass nirgends in der Welt die Diskussion rund um die Aufhebung der Exkommunikation derartig intensiv und öffentlichkeitswirksam geführt wurde wie in Deutschland.

Selbst wenn man das auf den „furor teutonicus“ oder verärgert auf die deutschen Bischöfe zurückführen will, muss man zur Kenntnis nehmen, dass in der deutschen Öffentlichkeit nach mehreren Schlagzeilen in Folge ein größeres Interesse gegeben ist als andernorts auf der Welt.

Viele Gläubige wollen wissen, was aus der ausgestreckten Hand des Papstes gegenüber der Piusbruderschaft geworden ist. Wenn sie nicht ergriffen oder gar abgeschlagen wird, muss das zur Kenntnis genommen und öffentlich benannt werden dürfen.

Die Kirche auch in Rom kann auf ein weit verbreitetes „sentire cum ecclesia“, ein vertrauensvolles Mitfühlen und Mitdenken mit der Kirche, wie es zu früheren Zeiten mindestens in christlich geprägten Gesellschaften vorausgesetzt werden konnte, nicht mehr zählen.

Sie muss sich den Gegebenheiten der pluralisierten Öffentlichkeit öffnen. Dabei geht es nicht um ein sklavisches Unterwerfen unter die manchmal terroristischen Gesetze der Medien, sondern um die Fortsetzung der Sendung Johannes Pauls II., der auch seinen Mannen in Rom erst klar machen musste, dass Medien eine Chance für die Verkündigung der Kirche darstellen, nicht bloß eine Gefahr. Wirkliche Gefahr ist eher dann gegeben, wenn das berechtigte und nachvollziehbare Vorgehen des Papstes bei der Aufhebung der Exkommunikation durch ausbleibende oder nicht ausreichend klare Kommunikation im Nachgang in Verruf kommt.

Genau diese Situation ist nun da. Der loyale Katholik muss auf diesen Umstand hinweisen. Weil es ihm nicht egal sein kann, wenn die Kirche zum Club für Insider wird. Mangelhafte Kommunikation hat jedoch genau das zum Ergebnis. Diese Einsicht stellt einen Teil der Lehren dar, die man auch schon aus der Krise in den ersten Monaten des Jahres ziehen konnte.


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