Kardinal Martini distanziert sich von ‚Humanae vitae’

5. November 2008 in Weltkirche


Der emeritierte Erzbischof von Mailand spricht in einem Buch über den Schaden, den die Enzyklika über die eheliche Liebe angerichtet habe.


Mailand (kath.net) Jesus kämpfte gegen Ungerechtigkeit und widersetze sich auch heute den „Lügen“ und dem „Schaden“, den die Enzyklika „Humanae vitae“ Pauls VI. anrichte, indem sie künstliche Verhütung verbiete. Das meint Kardinal Carlo Maria Martini, der emeritierte Erzbischof von Mailand, in einem Buch, wie die italienische Website www.chiesa (chiesa.espresso.repubblica.it) ausführt.

Das Buch „Jerusalemer Nachtgespräche“, in dem P. Georg Sporschill den Kardinal interviewt, ist kürzlich auch auf Italienisch erschienen. Der österreichische Jesuit P. Sporschill ist seit vielen Jahren für seinen großen Einsatz für Straßenkinder in Rumänien bekannt.

Sporschill stellt in dem Buch die unterschiedlichen Jesusbilder von Papst Benedikt in “Jesus von Nazareth” und von Kardinal Martini gegenüber: Während der Papst ein Glaubensbekenntnis an den guten, braven Jesus ablege, sei Martinis Jesus ein Freund der Zöllner und Sünder, der Aufregung verursacht und an der Seite der Menschen gegen die Ungerechtigkeit kämpft.

Während die meisten “heißen Eisen” der innerkirchlichen Debatten nur in subtiler Form angesprochen werden, distanziert sich Kardinal Martini klar von der Enzyklika “Humanae vitae”, die Papst Paul VI. 1968 über das katholische Verständnis der ehelichen Liebe und Sexualität schrieb. Martini bezichtigt das Schreiben, mit dem Verbot künstlicher Verhütungsmittel einen Schaden zu verursachen. Viele Menschen hätten sich dadurch von der Kirche zurückgezogen und auch die Kirche habe sich von den Menschen distanziert.

Die anschließenden Erklärungen der deutschen und österreichischen Bischöfe (in denen die Befolgung von „Humanae vitae“ der Gewissensentscheidung des Einzelnen übertragen wird) hätten dagegen einen auch heute gangbaren und weiter verfolgenswerten Weg eröffnet. Darin drücke sich ein „vorurteilsfreierer“ Zugang zur Sexualität aus.

Für die Zukunft erhoffte sich Martini eine Korrektur des “rigorosen” Kurses von Johannes Paul II. in dieser Frage. Fehler der Vergangenheit zuzugeben sei schließlich eine Frage von innerer Größe. Papst Benedikt hat jedoch zum heurigen 40-jährigen Erscheinungsjubiläum der Enzyklika deutlich klar gestellt, dass er die Lehre von "Humanae vitae" bestätigt und fortführt.


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