Kuba und die Barmherzige Jungfrau von El Cobre

28. August 2008 in Weltkirche


2012 findet in Kuba ein Großes Marien-Jubiläum statt, das ganze könnte eine Initialzündung für die neue Hinwendung Kubas zur katholischen Kirche werden


Kuba (kath.net/KIN)
Die Vierhundertjahrfeier der Marienstatue von El Cobre, des kubanischen Nationalheiligtums, ist nach Auffassung des weltweiten katholischen Hilfswerks „Kirche in Not“ eine große Chance für Kuba. Die Vorbereitungen zu dem 2012 stattfindenden Jubiläum, die am Samstag, 30. August, mit einer von allen kubanischen Bischöfen zelebrierten Messe in der Basilika von El Cobre, beginne, könnten eine „Initialzündung für die neue Hinwendung Kubas zur katholischen Kirche“ und für einen friedlichen Wandel in dem kommunistisch regierten Inselstaat sein, sagte der Kuba-Referent des Hilfswerks, Javier Legorreta, in München. „Kirche in Not“, das die katholische Seelsorge in dem verarmten Land seit vielen Jahren fördere, habe deshalb der Bitte um Unterstützung des Jubiläums gerne entsprochen.

In dem Zeitraum bis zur Jubiläumsfeier am 8. September 2012 sei eine große Nationalmission zur Evangelisierung des Landes geplant. Ähnlich wie vor dem Kuba-Besuch von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1998 werden den Angaben zufolge Gläubige von Haus zu Haus gehen, Bilder der „Barmherzigen Jungfrau von El Cobre“ verteilen und mit den Menschen über die heilsgeschichtliche Bedeutung Marias und ihre Bedeutung für Kuba sprechen. Auch an einen „Marianischen Nationalkongress“, an dem alle Kubaner teilnehmen könnten, sei gedacht. Als Höhepunkt wünschen sich die kubanischen Katholiken laut „Kirche in Not“ im Jubiläumsjahr 2012 einen Besuch des Papstes auf der seit fast fünfzig Jahren von den Castro-Brüdern regierten Insel.

Das Fest der Barmherzigen Muttergottes von El Cobre wird am 8. September im ganzen Land gefeiert. Traditionsgemäß beginnen die Feierlichkeiten neun Tage vorher mit einer Novene. Die Glocken aller katholischen Kirchen Kubas sollen am 30. August um 12 Uhr läuten.

Zu den Jubiläumsfeierlichkeiten sind nach Angaben von „Kirche in Not“ nicht nur die Katholiken der Insel eingeladen, zumal das Gnadenbild auch von Christen anderer Konfession und von Anhängern afrikanischer Religionen verehrt werde. Die Kirche in Kuba, die nur selten öffentlich auftreten darf, sieht in der Vorbereitungszeit eine große Möglichkeit, die Botschaft „Zu Jesus durch Maria, die Liebe eint“ viele Kubaner einander näher zu bringen. Die Bischöfe Kubas betonen in ihrer Botschaft zum Beginn der Jubiläumszeit die Einheit aller in und außerhalb Kubas lebenden Kubaner. Die sozialen, kulturellen, politischen, wirtschaftlichen, ideologischen und ethnischen Unterschiede zwischen den Kubanern würden im Angesicht der Jungfrau von El Cobre verschwinden. Die Gottesmutter sei die Mutter aller Kubaner und eine „Fackel der Hoffnung und die Verheißung einer besseren Zukunft“. Maria könne auch ein Beispiel der Treue, Starkmut und der Dienstbereitschaft für alle Menschen sein. Ihr Titel „Caridad“, also Barmherzigkeit, Liebe, soll alle Kubaner zu Brüderlichkeit, Gerechtigkeit, Solidarität und Versöhnung ermuntern, auch in der schwierigen Situation, in der sie seit Jahrzehnten leben müssen.

Alte Dokumente erzählen, dass an einen nicht genau bekannten Tag zwei Indianer, Rodrigo und Juan de Hoyos, und ein schwarzer Sklavenjunge, Juan Moreno, die in der Bucht von Nipe Salz suchten, eine Statue der Muttergottes auf einem Brett über dem Wasser schwimmen sahen. Wie Juan Moreno 1687 im Alter von 85 Jahren erzählte, stand auf dem Brett geschrieben: „Ich bin die Barmherzige Muttergottes“ (auf Spanisch: „Yo soy la Virgen de la Caridad“). Erstmals wurde sie auf einem Altar in einer Hütte aus Palmen- und Guanobrettern verehrt, später brachten Gläubige die Statue mit einer Prozession nach El Cobre, wo schon 1648 eine Wallfahrtskirche entstanden war. Die Wallfahrtskirche El Cobre, zu deutsch: Kupfer, da es da Kupferminen gab, in denen Sklaven und Indianer arbeiteten, befindet sich im Osten der Insel, vierzehn Kilometer von der Stadt Santiago de Kuba entfernt.

Die Verehrung zur Muttergottes verbreitete sich über das ganze Land und unter allen sozialen Schichten, besonders aber unter den Kreolen – Mischlingen zwischen Spaniern und Indianern – sowie unter Bauern und Sklaven. Die offizielle königliche Proklamation zur Befreiung aller Sklaven auf Kuba fand deswegen auf dem Platz vor der Wallfahrtskirche statt.

Als Mutter der Bedrängten wurde die „Virgen de la Caridad“ nicht nur Schirmherrin der Sklaven, sondern auch der Kubaner im Befreiungskrieg gegen die Spanier. Carlos Manuel de Céspedes, von den Kubanern „Vater des Vaterlandes“ genannt, bastelte die erste Flagge Kubas mit dem blauen Stoff, der den Altar der Muttergottes schmückte. Nachdem die US-Befehlshaber den Kubanischen Befreiungskämpfern nicht erlaubten, in Santiago de Kuba einzumarschieren, feierten die kubanischen Truppen als ersten offiziellen Akt der unabhängigen und freien Republik Kuba am
8. September 1898 einen Dankgottesdienst in El Cobre.

1915 schließlich baten mehr als zweitausend Veteranen des Befreiungskrieges Papst Benedikt XV. darum, die „Barmherzige Jungfrau von El Cobre“ zur Schutzpatronin von Kuba zu erklären. Schwarze, Weiße und Mulatten, Konservative, Liberale und Sozialisten unterschrieben die Bitte an dem Papst.

Johannes Paul II. krönte und segnete die Statue 1998 bei seinem Besuch in Kuba. Sie ist Schutzpatronin und Symbol der kubanischen Identität. Als Ernest Hemingway in den Fünfzigerjahren seine Nobelpreis-Medaille dem kubanischen Volk schenken wollte, fand er dafür keinen würdigeren Ort als die Wallfahrtskirche der Barmherzigen Jungfrau von El Cobre, wo sie noch heute unter den Votivgaben zu sehen ist. Die zahlreichen Exilkubaner verbreiteten die Anrufung der Barmherzigen Jungfrau von El Cobre in der ganzen Welt.


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