,Zunächst ging es ,nur’ um’s Katholischwerden’

2. Juli 2007 in Interview


KATH.NET-Exklusiv-Interview mit Gerhard Höberth - Ein protestantischer Pfarrer wird Priester der römisch-katholischen Kirche – "Generelle Aufhebung der Zölibatsverpflichtung scheint mir nicht der richtige Weg zu sein"


Wien (www.kath.net)
KATH.NET: Herr Höberth, Sie waren jahrelang evangelischer Pastor in Oberösterreich. Dann traten Sie und Ihre Frau wieder in die katholische Kirche ein. Was war passiert?

Höberth: In meiner Zeit als evangelisch-lutherischer Geistlicher (1990-2004) - und schon zuvor während des Theologiestudiums - war ich von Anfang an von der „hochkirchlichen“ Richtung theologisch und spirituell geprägt. Sie betont das altkirchliche und „katholische“ Element in der lutherischen Tradition, das anfangs noch sehr stark war und erst in der Zeit der Aufklärung und des Rationalismus im deutschen Sprachraum fast verschwand.

In Gosau habe ich als Pastor oft Albe und Stola getragen, häufig das Abendmahl gefeiert, Osternacht und ähnliches versucht, der Gemeinde nahezubringen. Mir wurde aber bald klar, dass es nicht in erster Linie um eine schönere Liturgie geht, sondern vor allem um Inhalte: Kirchenverständnis, apostolische Sukzession und Weihe, Lehramt und Petrusdienst - all das wurde mir immer wichtiger. Der KKK (Weltkatechismus), den ich begeistert „verschlungen“ habe, hat mich dann überzeugt: In der römisch-katholischen Kirche ist die Fülle!

KATH.NET: Wann kam dann der Wunsch auf, römisch-katholischer Priester zu werden? Wie reagierte Ihre Familie darauf, und warum wurde dies möglich?

Höberth: Zunächst ging es „nur“ um’s Katholischwerden. Nun war ich aber Amtsträger, übte meine Berufung mit Leidenschaft aus und erhielt auch oft positives Echo. Was tun? Bei meinen vielen Aussprachen mit Kardinal Schönborn erfuhr ich, dass man als konvertierter lutherischer oder anglikanischer Geistlicher mit Familie dennoch um Zulassung zur Weihe ansuchen darf - aber ohne Garantie und ohne Anspruch, den man etwa aus dem bisherigen Pastor-Sein ableiten könnte. Schon 1999 wurden meine Unterlagen in Rom vorgelegt und begutachtet.

Als meine Frau und meine Kinder schließlich bereit waren, die Entscheidung mitzutragen, legte ich im Dezember 2004 mein Amt nieder. Am 10. Jänner 2005 wurden meine Frau und ich vom Herrn Kardinal gefirmt und in die volle Gemeinschaft der Kirche aufgenommen. Dann wurde der Antrag auf ausnahmsweise Weihe-Zulassung definitiv an die Glaubenskongregation gestellt.

Ich absolvierte ein kleines Zusatzstudium und wartete. Ich legte alles in Gottes Hand und war auch bereit, als Pastoralassistent oder ständiger Diakon in der Kirche zu dienen, war aber überglücklich, als der Heilige Vater am 13. Oktober 2006 die Weihe unter Dispensierung von der Zölibatsverpflichtung genehmigte.

KATH.NET: Was sagten eigentlich Ihre Weihekollegen zu Ihnen?

Höberth: Als ich im Herbst 2006 als „Quereinsteiger“ in den Diakonenkurs zur Weihevorbereitung im Wiener Priesterseminar aufgenommen wurde, war zuerst Neugier, Erstaunen und wohlwollendes bis skeptisches Interesse zu spüren. Schon bald aber entwickelte sich unter uns Weihekandidaten eine herzliche, humorvolle und - besonders in meine Richtung - sehr verständnisvolle Freundschaft und geistliche Verbundenheit. Sie freuten sich mit mir und haben mich als „vollwertigen“ Weihekandidaten akzeptiert.

KATH.NET: Glauben Sie, dass Ihr Fall jetzt von manchen kirchenfeindlichen Gruppen, die in der katholischen Kirche den Zölibat grundsätzlich aufweichen wollen, „verzweckt“ werden könnte? Sind Sie grundsätzlich dafür, dass das Zölibat in der Kirche so bleibt wie es ist?

Höberth: Ja, vor so einer „Verzweckung“ habe ich etwas Angst. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der Zölibat vieles für die Lebensgestaltung eines Priesters leichter macht, ein Zeugnis für das Reich Gottes ist und große Freiheit für Gott und die Menschen schenkt. Andererseits habe ich erlebt, wie evangelische Pfarrer-Ehen scheitern und ganze Pfarrgemeinden darunter enorm leiden.

Dass viele Priester ihr Zölibatsversprechen nicht durchhalten konnten und ihr Amt deshalb nicht ausüben dürfen, bedaure ich sehr. Eine generelle Aufhebung der Zölibatsverpflichtung scheint mir nicht der richtige Weg zu sein - zumal Ehe und Familie in unserer Gesellschaft so sehr unter Beschuss geraten sind. Sollte meine Frau - die mir eine sehr verständnisvolle und geduldige Partnerin ist - vor mir sterben, darf ich natürlich keine Ehe mehr eingehen.

KATH.NET: Ihre Kinder sind noch evangelisch. Hoffen Sie, dass auch sie eines Tages konvertieren werden?

Höberth: Wir sprechen oft über das Thema. Die beiden Älteren sind ja schon volljährig; sie müssen ihre Entscheidung selbst treffen. Meine Hoffnung ist es schon. Und zu meiner Freude ist inzwischen der jüngste Bruder meiner Frau - er lebt bei London - tiefüberzeugt auch in die katholische Kirche eingetreten.

KATH.NET: Sie werden als Priester vermutlich keine Pfarre leiten? Was werden Sie in Zukunft machen?

Höberth: Vom Zölibat dispensierte Priester sollen in der Regel nicht als Pfarrer tätig sein; sie dürfen aber als Kapläne in der Kategorial, sowie teilweise auch in der Pfarrseelsorge eingesetzt werden. Ab 1. September 2007 bin ich zunächst Kaplan in den Wiener Pfarren Rudolfsheim und St. Antonius.

KATH.NET: Herzlichen Dank für das Interview.

Foto: Gerhard Höberth mit Kardinal Christoph Schönborn © Gerhard Höberth


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