Eugen Drewermann spricht sich für Euthanasie aus

5. März 2007 in Deutschland


In einem Interview meinte der aus der Kirche ausgetretene Theologe: "Als Ausnahme muss Sterbehilfe möglich sein" und möchte, dass man hier von den Schweizern und Holländern lernen sollte


Zürich (www.kath.net)
Der aus der katholischen Kirche ausgetretene Theologe Eugen Drewermann hat sich vergangene Woche für die Möglichkeit der Euthanasie ausgesprochen. In einem Interview mit dem Züricher „Tages-Anzeiger“ meinte er auf die Frage, was er zur Euthanasie-Möglichkeit sagt: „Dieses Recht sollten die Kirchen ihnen nicht absprechen. Denn speziell die katholische Kirche steht in einer Tradition, die Menschen immer wieder eingeschüchtert und unmündig gemacht hat. Ihre Lehren waren selten wirklich flexibel gegenüber der konkreten, oft tragischen Situation von Not Leidenden. Nehmen wir das Extrembeispiel von Terri Schiavo in den USA, die 17 Jahre lang bewusstlos auf den Tod wartete. Ihr Ehemann verlangte aus Mitleid, die künstlichen Massnahmen zur Verlängerung ihres Lebens zu unterbinden. Dagegen lief die katholische Kirche Sturm. Dabei muss Sterbehilfe eine Randmöglichkeit sein, eine Ausnahme, aus der man kein Gesetz machen kann.“ Auf die Frage, ob er dies auch in Deutschland für wünschenswert hält, meinte der Theologe dann weiters: „In Deutschland gibt es in diesen Fragen einen sehr starken Einfluss der katholischen Kirche via die CDU. Die protestantische Theologie ist demgegenüber viel flexibler auf die einzelne Situation ausgerichtet. Katholischerseits ist die Situationsethik untersagt, dank direkten Eingriffen des Vatikans, der seine Lehre im Vorherwissen, was in jedem Fall zu sein hat, monolithisch von oben nach unten in die Wirklichkeit schiebt. Dieser Denkansatz ist grausam und machtbesessen. Man muss doch von den Menschen und ihren Notlagen her denken.“

Drewermann meinte dann, dass Deutschland von den Schweizern und Holländern lernen sollte. „Wir sollten aber auch von den Holländern lernen. Dort kann ein Schwerstkranker bei klarem Verstand in zwei voneinander unabhängigen Situationen die Gründe darlegen, warum er sterben möchte. Auch im Bereich der Abtreibung gab es jahrelang einen Tourismus aus Deutschland in die Niederlande. Und auch auf diesem Gebiet war der Einfluss der katholischen Kirche gross, die versuchte, ihre Haltung ein für alle Mal und egal unter welchen Umständen durchzusetzen. Das aber kann nicht die Aufgabe des Gesetzgebers sein. Dieser kann zwar sagen, es gebe zur Tötung eines Embryos oder eines kranken Menschen nie ein gutes Recht. Er hat umgekehrt aber vielleicht auch nicht das Recht, dies unter Strafandrohung zu verbieten.

Dann sprach sich der Theologe auch für die Akzeptanz der Schweizer „Sterbehilfeorganisationen“ aus und betont: „Wollen wir Politik und Gesetze verändern, braucht es wohl solche Organisationen. Abschließend meint Drewermann: „Gerade religiöse Menschen möchten sich manchmal aus dem Fenster stürzen, um sich in die Arme einer Wirklichkeit zu werfen, die gütiger ist als die lieblose Welt, in der sie leben. Ich verstehe nicht, dass es Theologen gibt, die solchen Menschen den Glauben oder die Suche nach Gott absprechen.“

Eugen Drewermann ist 2005 aus der katholischen Kirche ausgetreten. Er bezeichnete damals seinen Austritt zu seinem 65. Geburtstag als „Geschenk der Freiheit an mich selber“. Eugen Drewermann hielt Vorlesungen zu Religionsgeschichte und Dogmatik in Paderborn. Im Oktober 1991 wurde ihm aufgrund anhaltender Verbreitung von irrigen Lehren die kirchliche Lehrerlaubnis entzogen. Anfang 1992 verhängte der damalige Paderborner Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt ein Predigtverbot gegen Drewermann, außerdem wurde er vom Priesteramt suspendiert.


© 2007 www.kath.net