Doping und das Ethos der Fairness

28. Februar 2006 in Österreich


Wäre Doping erlaubt, dann hätte jede sportliche Betätigung im Sinn eines fairen Messens der Leistung ihren Sinn verloren. Ein Kommentar von Josef Spindelböck.


St. Pölten (www.kath.net) Der „Doping-Skandal“ in der österreichischen Olympia-Nationalmannschaft lässt unabhängig vom tatsächlichen Ausmaß die grundsätzliche Frage auch aus ethischer Sicht neu zum Thema werden: Warum ist es nicht nur rechtlich, sondern auch unter ethischen Gesichtspunkten unzulässig, die Leistungsfähigkeit des menschlichen Körpers „durch das Anwenden (z.B. Einnahme, Injektion) von Substanzen verbotener Wirkstoffgruppen oder durch das Anwenden verbotener Methoden (z.B. Blutdoping)“ (Brockhaus) zu steigern? Warum ist Doping schlechthin unverantwortlich und daher jedenfalls abzulehnen?

Die Basisversorgung mit Nahrung und Flüssigkeit zu optimieren ist im sportlichen Einsatz ein Gebot der Stunde. Eine gesunde Lebensweise mit dem Wechsel von sportlicher Betätigung und Ruhe ist jedenfalls nötig, um die Chancen auf einen Erfolg zu wahren. Was die Einnahme zusätzlicher Präparate betrifft, gibt es – sofern es sich nicht um therapeutisch indizierte und als solche ausgewiesene Mittel handelt – umfassende Kataloge, die detailliert beschreiben, was erlaubt ist und was nicht.

Der Grundgedanke dabei ist das Ausschließen einer Leistungssteigerung durch Mittel und Verfahrensweisen, welche dem einzelnen oder der Gruppe im Wettbewerb ungerechtfertigte Vorteile verschaffen würden. Um diese Schranken zu umgehen, bewegt man sich häufig an der Grenze des Erlaubten. Stillschweigend oder gar im Einvernehmen der Akteure werden mitunter Mittel eingesetzt, die unter die Kategorie „Doping“ fallen. Ein Hinweis für ihre Illegalität liegt schon darin, dass die Anwender über diese lieber nicht sprechen wollen.

Im systematischen oder gelegentlichen Doping offenbart sich ein unsportlicher, der Fairness diametral entgegengesetzter Geist. Der einzelne Sportler oder das Team will aus der vor dem Gegner und der Sportaufsicht bewusst verborgenen Anwendung unerlaubter Mittel und Methoden Vorteile ziehen, die das Gleichgewicht eines gerechten Wettkampfes in Frage stellen. Direkt gesprochen handelt es sich um nichts anderes als um das Vortäuschen falscher Leistungen, also um Betrug, nicht selten verbunden auch mit materieller Gewinnabsicht.

Wäre Doping erlaubt, dann hätte jede sportliche Betätigung im Sinn eines fairen Messens der Leistung ihren Sinn verloren. Außerdem gibt es in vielen Fällen das Risiko ernsthafter Gesundheitsschädigung. Von daher erscheint es auch vom ethischen Standpunkt aus unerlässlich, den Kampf gegen das Doping stets neu aufzunehmen und neben strengen Vorgaben und Kontrollen, Sanktionen und Maßnahmen sportlicher Natur (Disqualifikation, Sperre) wenn nötig auch gesetzliche, ja sogar strafrechtliche Maßnahmen anzuwenden bzw. zu verschärfen.

Diese sollen sich nicht nur auf die tatsächliche Anwendung, sondern auch auf den Versuch der Anwendung unerlaubter Substanzen und Methoden, ja in bestimmten Fällen sogar auf den bloßen Besitz von Doping-Materialien beziehen. Dies muss nicht nur die sportlichen Akteure betreffen, sondern auch deren Betreuer und Ärzte. Unter der Leitung des IOC ist weltweit eine Vereinheitlichung geltender Standards anzustreben.

Ein jeder, dem an der Fairness des sportlichen Wettkampfes gelegen ist, muss ein Interesse an der Eindämmung derartiger Praktiken haben. Vor allem gilt es, das Ethos der Fairness aufrecht zu erhalten bzw. dieses als eigentlichen Wert im Sport neu zu beleben und zu präsentieren. Publikum und Medien können, ja müssen hier mithelfen.Der christliche Glaube kann in besonderer Weise dazu beitragen, den Geist der Fairness neu zu beleben.

Denn „wer an einem Wettkampf teilnimmt, erhält den Siegeskranz nur, wenn er nach den Regeln kämpft“ (2 Tim 2,5). Dabei sollen wir nicht nur nach dem irdischen Siegeskranz, sondern vor allem nach dem himmlischen Siegespreis Ausschau halten (vgl. 1 Kor 9,24), damit wir einst mit ihm von Gott gekrönt werden.

Dr. theol. habil. Josef Spindelböck ist Dozent für Ethik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Pölten sowie Gastprofessor am International Theological Institute (ITI) in Gaming.

Foto: DAK


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