Und wieder kein Königreich des Himmels

10. Juni 2005 in Chronik


Eine Analyse von Franziskus v.Ritter-Groenesteyn (München) zum Film "Königreich des Himmels"


Wieder einmal - leider - bleiben die Erwartungen hinter dem Dargebotenen zurück. Allein schon der Titel "Kingdom of Heaven", "Königreich des Himmels", versprach großes Kino. Warum der deutsche Vertrieb es nicht bei einem Himmel beließ, sondern daraus "Königreich der Himmel" machte, mag in dem Unbehagen begründet liegen, es sonst zu sehr auf das von Jesus proklamierte Königreich des Herzens, und damit auch die kirchliche Lehre, bezogen zu wissen. Besser also, es auf ein Nirvana der Himmelreiche ausdehnen - ganz im Sinne eines Relativismus, wie er heutzutage immer wieder gern praktiziert, aber zu Recht von Papst Benedikt XVI. kritisiert wird.

Die Angst der Vertreiber ist jedoch unbegründet. Das "Kingdom of Heaven" entpuppt sich letzlich nur als ein Königreich des Humanismus. Wohl mag der Regisseur Ridley Scott schon so, wie in seinem anderen epischen Film "Gladiator", sein Bestes gegeben haben. Doch die beste Regie reicht nicht, wenn das Drehbuch, die Story, nicht stimmt. Während "Gladiator" trotz martialischer Gewalt den Zuschauer tief im Innersten, in seinen Sehnsüchten und in seiner Hoffnung auf religiöse Weise ansprach, tut dies der aktuelle Film wider Erwarten leider nicht.
Er erzählt zwar die religiös motivierte Geschichte des jugendlichen Kreuzritters Balian von Ibelin (Orlando Bloom), der zur Zeit zwischen dem zweiten und dritten Kreuzzug durch eine Wallfahrt nach Jerusalem erhofft, Sühne für seine Sünden zu erhalten (bezeichnenderweise ein Priestermord!); doch findet er an der Kreuzigungsstätte keine Stärkung, keinen Trost, sondern nur Verlassenheit, und das ausgerechnet von Gott.

Überhaupt ist in diesem Film so ziemlich jeder Christ von Gott verlassen. Der Glaube bleibt leer, und Gebete tönen so blechern, wie es Paulus im Brief an die Korinther beschreibt. Man mag dies auch daran ermessen, dass der mit prachtvollen Gewändern und noch herrlicheren Bauten ausgestatte Streifen - Produktionskosten stolze 130 Millionen US-Dollar - sakrale Räume lediglich als Ort der Inszenierung kreuzritterlichen Brauchtums versteht, quasi als Ort der Ohrfeige, nie aber als Ort der Liturgie oder der Besinnung auf Gott. Weder wird in den Kirchen auf die höhere Wirklichkeit Gottes verwiesen, noch ist seine Anwesenheit unter den tapfer kämpfenden Rittern spürbar, und mag da das Gold eines überdimensionalen Kreuzes im Morgenlicht der Wüste noch so erglänzen; eine wahrhaft christlich geprägte Motivation der Protagonisten wird dadurch nicht sichtbar. Im Gegenteil, der ständige Ausruf "Gott will es" schürt im Zuschauer Hass auf die Kirche, denn es sind die übelsten Charaktere, vermeintliche Ritter des Kreuzes, in Wirklichkeit nur primitive Raubritter, die mit diesem Ruf auf ihren Lippen, brennend und mordend das Heilige Land zu einem Vorort der Hölle machen.Balian und der an Lepra erkrankte Jerusalemer König Baldwin IV. gehören gewiss nicht zu ihnen, aber deren Motivation ist letzlich der Mensch und nicht Gott. Da sich Balian nur auf das Menschliche bezieht, kann er auch - vom Zuschauer fast unbemerkt - ungestraft Ehebruch mit Jerusalems Königin Sybilla (Eva Green) begehen, und hat doch all unsere Sympathien.

Unsere Sympathie hat auch der moslemische Gegenspieler Saladin (Ghassan Massoud), der uns als edel, gebildet und weise vorgestellt wird, gibt er doch in einer Schlussszene des Films dem gefallenen Kreuz sogar seinen Platz am Altar zurück und suggeriert uns damit irgendwie, Islam sei nur edel, gut und tolerant. Andererseits - der Ausruf einer von allen als "Heiligkeit" betitelten, als solcher aber nicht nachvollziehbaren, Person: "Konvertiert zum Islam und widerruft es anschließend!" angesichts drohender islamischer Invasion vor Jerusalems gefallenen Mauern, sozusagen als Lösung aller Probleme, hinterlässt im Zuschauer einen schalen Beigeschmack und irgendwie kommt man zu dem Resumee Christentum sei schlecht, schwach und intolerant.

Wie gut, dass es da noch Filme gibt wie etwa Mel Gibsons "Passion", die uns, sogar in der muslimischen Welt, das Gegenteil bewiesen haben. Interessant übrigens, wie der Unterschied auch in der Musik zum Ausdruck kommt. Es gibt in "Kingdom of Heaven" eine Passage, deren orientalisch wehmütige Klänge ein Plagiat aus Mel Gibsons Ölbergszene zu sein scheinen. Doch während sie in der "Passion" die Seele zum Schwingen bringen, wirken sie im Königreich des Relativismus lästig wie "dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke" 1 Kor 13,1.
Bleibt zu hoffen, dass der Produzent vom "Königreich", die in Hollywood mächtige First 20th Century Fox, es beim nächsten Blockbuster "Narnia" besser machen wird. Dem Vernehmen nach sollen die Verantwortlichen in Hollywood aus Marketinggründen "Narnia" bereits seines christlichen Charakters beraubt haben. Hoffen wir, dass dies ein Gerücht bleibt. C.S. Lewis "Narnia" verdient schließlich besseres in Zeiten neu aufbrechenden Trends, denn: "Die Kirche swingt wieder!", wie es Peter Seewald kürzlich so treffend in Bari formulierte.


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