Verheißungsvolle Bischofswahl in St. Gallen

7. Mai 2005 in Schweiz


Was wäre, wenn der Papst selber einen neuen Bischof von St. Gallen einsetzte? Eine Analyse des Konkordates von Stefan Bolli.


Appenzell (www.kath.net) „Es gibt kein (rechtlich-gültiges) Konkordat mit dem Heiligen Stuhl.“ So schrieb Anfang Februar 2005 der Apostolische Nuntius für die Schweiz, Francesco Canalini, auf die Frage der Bischofswahl in St. Gallen.

Nachdem das Bistum St. Gallen 1847 errichtet wurde, gab es zwei verschiedene Dokumente: das Konkordat zwischen der Landeskirche des Kantons St. Gallen und dem Heiligen Stuhl vom 7. November 1845 und die Reorganisationsbulle „Instabilis rerum humanarum natum“ von Papst Gregor XVI. vom 8. April 1847. Das Konkordat wurde aber nicht ratifiziert beziehungsweise umgesetzt und ist auch nicht bindend.

Nach 1847 lief die Bischofswahl folgendermaßen ab: Das Domkapitel erstellte eine Liste von sechs Kandidaten. Diese Liste wurde sodann von der Landeskirche des Kantons eingesehen und „mindergenehme“ Personen konnten gestrichen werden, maximal drei. Der Artikel über die „Genehmheit“ der Kandidaten findet sich aber nur im Konkordat und nicht in der Bulle. Jedoch empfahl der Papst den Kanonikern 1858, nur Kandidaten in die Liste aufzunehmen, die „genehm“ sind. Allerdings wurde nicht bestimmt, was man unter „genehm“ zu verstehen hat. Danach nahm das Kapitel die Wahl vor, rief den Namen des Gewählten in der Kathedrale aus und holte dann die päpstliche Bestätigung ein.

Das katholische Gremium der Landeskirche nahm fortan diese Möglichkeit der Streichung von „mindergenehmen Kandidaten“ als Recht in Anspruch, was den Heiligen Stuhl veranlasste, am 25. Mai 1941 und 1957 darauf hinzuweisen, dass die Mitwirkung der Landeskirche „nicht auf einem Recht, sondern auf einem Entgegenkommen (Roms) beruhe“.

Bei der Bischofswahl 1930 intervenierte der damalige Nuntius erstmals gegen die sofortige Bekanntgabe des Namens. Schließlich wurde ausgehandelt, dass der Papst die Kandidatenliste vor der Wahl zur Genehmigung erhalten solle, damit an der Praxis der sofortigen Ausrufung festgehalten werden konnte. Bei der Wahl des jetzt regierenden Bischofs Ivo Fürer konnte auf eine päpstliche Verfügung hin der Name des Gewählten nicht unmittelbar in der Kathedrale ausgerufen werden, bevor nicht der Papst die Wahl bestätigt hatte.

Diese Verfügung und der Umstand, dass der Heilige Stuhl sich lange Zeit nahm, um die Kandidaten zu prüfen, sorgte für Unmut und Missstimmung im Bistum St. Gallen. Gläubige fühlten sich in ihren Mitspracherechten beschnitten, schrieben Briefe und empörten sich öffentlich. Dabei zeigt ein Blick in andere Bistümer, dass nirgends solche Mitspracherechte von Laien möglich sind.

Auch ist mit der Verfügung von 1995 und den rechtlichen Fakten klar, dass der Heilige Stuhl sich nicht an das Konkordat halten muss. Zudem kann Rom auch selbst neue Bestimmungen durchsetzen. Wenn sich aber damals schon die Geister so geschieden haben an der nicht unmittelbaren Ausrufung des Namens, wie würden sich dann die Geister scheiden, wenn der Papst selber einen Kandidaten ins Bischofssamt zu St. Gallen einsetzte?


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