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Ewiges im Provisorium

29. Mai 2019 in Buchtipp, keine Lesermeinung
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Wie kam Gott ins Grundgesetz? Was steckt hinter den Begriffen von Würde und Freiheit, die das deutsche Verfassungsdenken prägen? Das Grundgesetz im Lichte des christlichen Glaubens. Eine Rezension von Dr. Christoph Rohde


Linz (kath.net)
In Zeiten einer postmodernen Beliebigkeit, in welcher „Menschenrechte“ von jeder Gruppe mit Partikularinteressen beschworen werden, um eigene Ziele zu legitimieren, ist es wichtig, der Begründung und Substanz der Menschenrechte im Grundgesetz wieder systematisch gewahr zu werden. Dieser Aufgabe widmet sich der promovierte Theologe und diplomierte Wirtschaftsingenieur Josef Bordat in seinem Buch Ewiges im Provisorium – Das Grundgesetz im Lichte des christlichen Glaubens.
Nachdem er die Historie des Grundgesetzes und dessen bewusst provisorischen Charakter – das Dokument war nur für die Westzonen gedacht, weil es die Tür für eine potenzielle Wiedervereinigung offen halten wollte – darstellt, zeigt er, dass diese Vorläufigkeit nicht nur zu einem Dauerzustand wurde, sondern dass auch viele osteuropäische Staaten diese Verfassung zum Vorbild ihrer eigenen Verfassung nach Ende des Kalten Krieges machten.

In der Staatsorganisation und der damit verbundenen Hierarchisierung des Rechts steht die Verfassung ganz oben. Diese aber, und hier folgt Bordat dem berühmten Wort des Verfassungsrichters Böckenförde, lebt von Voraussetzungen, die sie selber nicht garantieren kann. In anderen Worten braucht eine Verfassung einen Fundus an Werten und Normen, die aus den historischen Entwicklungen eines Volkes hervorgehen. Bordat verweist dabei auf die Fehler der Rechtspositivisten in der Weimarer Republik wie Hans Kelsen, für die das Kriterium für gesetztes Recht lediglich im einwandfreien Prozess ihres Zustandekommens sahen. Die Folge war, dass der menschenfeindlichen Rechtssetzung der Nationalsozialisten nichts entgegen gesetzt werden konnte.
Diese Fehlentwicklung führte, so Bordat, zu einer Renaissance des Naturrechts nach dem Zweiten Weltkrieg.

Gottesbezug in der Verfassung

Lange in der Geschichte gab es keinen Unterschied zwischen Gottes Gesetz und menschlichen Gesetzen; die islamische Scharia steht weiterhin für diese Identität im Sinne theokratischer Vorstellungen, so Bordat. Der Begriff Gott steht im Grundgesetz eher für das Gewissen, als dass er inhaltlich gefüllt wäre und damit einen Konflikt der Gottesbilder auslösen könnte. Keine Verfassung kann ohne einen Naturrechtsbezug auskommen, so Bordat. Auch wenn der Gottesbezug nur in der Präämbel und nicht den Grundgesetzartikeln selber zu finden ist, so erlange er doch normative Kraft. Der Verfasser zeigt, dass Verfassungsordnungen ohne den Rückgriff auf eine außerrechtliche moralische Instanz historisch stets gescheitert sind, was Papst Benedikt XVI. 2011 im Bundestag thematisiert habe. Verfassungsrechtlicher Udo di Fabio nennt das Grundgesetz weder theokratisch noch religionsavers.


„Der Gottesbezug soll vor jeder Art eines gewissensfreindlichen Regimes bewahren, möge dieses nun Faschismus, Sozialismus oder Szientismus heißen“ (S. 74). In Zeiten eines götzendienerischen Ökologismus, der mit verantwortungsvoller Umweltpolitik nichts zu tun hat, oder eines radikalen Multikulturalismus, der jede Form organisch gewachsener sozialer Einheiten verweigert, sind wiederum totalitäre Ideen unterwegs – dieses Mal besonders perfide als „humanistisch“ getarnt.

Das offene Verständnis des Gottesbezugs wird als Anerkennung einer grundsätzlichen Demut grundsätzlich akzeptiert und nicht für antiquiert gehalten. Dazu gehört die Anerkennung der Würde des Menschen.

Der Widerspruch von Achtung und Schutz

Ist in bestimmten Fällen Folter ein Mittel, das deshalb legitim ist, weil der Schutz des Opfers vor der Würde des Täters geht? In diesen Dingen rät Bordat, nicht konsequenzialistisch zu denken auf Kosten des Täters; man könne im „Würde-gegen-Würde“-Dilemma nicht sagen, ob selbst im Falle der Folter das erwünschte Ergebnis zugunsten des Opfers zustande käm; der Schaden des Gefolterten hingegen stehe fest. Bordat wendet sich also gegen die Folter als Mittel zur Rettung der Würde eines Anderen, ist sich der Dilemmahaftigkeit in Situationen wie Entführungen jedoch klar bewusst.

Kritik am Ökonomismus

Kant sah den Mensch als Zweck, nicht als Mittel an. Bekomme der Mensch ein Preisschild umgehängt, dann verlöre er seine Würde. Dasselbe gelte auch für die Embryonenforschung, bei welcher unerwünschte dysfunktionale Kinder verhindert werden sollten. Für Bordat spielt der Lebensschutz und der Schutz des ungeborenen Lebens eine zentrale Rolle; krankes Leben hat aus christlicher Sicht auch eine Würde um ihrer selbst willen.

Menschliches Leben beginnt mit der Befruchtung

Die klassische Erkenntnis, dass mit der Befruchtung das Leben beginnt, wurden von neuester Forschung nicht widerlegt, sondern bestätigt, so der Autor. Daher sei auch das ungeborene Leben eine eigene, mit Würde ausgestattete, einzigartige Person mit eigener DNA und der Verfügung durch Dritte entzogen. Bordat zeigt, dass schon im Parlamentarischen Rat auf hohem Niveau über die Definition des Lebensbegriffs gestritten wurde – unter dem Schlagwort „keimendes Leben“. Wenn jemand meine, das menschliche Leben sei nicht schützenswert, wenn es nicht autonom lebensfähig sei, dann sei auch das Töten von Kleinkindern legitim, folgert er. Dabei schließt er den Schwangerschaftsabbruch nach Beratung in engem Rahmen nicht vollständig aus. Er kritisiert aber, dass die gesetzlich geforderte Schwangerschaftsberatung in gesellschaftlichen Kreisen zu einer reinen Affirmation verkommen sei, ohne dass eine ernsthafte Gewissensprüfung stattfinde.

Freiheit als Glaubens- und Gewissensfreiheit

Das Ringen um Freiheit war vor allem eine der Religions-, Glaubens- und Gewissensfreiheit. Aber diese kann in Konflikt mit den Normen der Gemeinschaft geraten, da sie hoch subjektivistischen Charakters ist, so Bordat. Ein Ausgleich zwischen Individual- und Kollektivrecht muss stets neu angestrebt werden, meint er unter Bezug auf Verfasssungsrichter Udo die Fabio. Das Grundgesetz schafft den Rahmen für die Ausprägung des Gewissens, determiniert es aber inhaltlich nicht. Dahinter steckt ein „Konfrontationspluralismus“, kein „Verschonungspluralismus“. Ein Anspruch auf vollständige Säkularität leitet sich aus dem Grundgesetz nicht ab. Der Staat muss Glaubensgruppen auch nicht gleich behandeln, sondern hat in Bezug auf gewachsene Strukturen und den Nutzen für die Gesellschaft beträchtlichen Spielraum, meint der Verfasser. Der Islam habe beispielsweise noch nicht nachweisen können, gesamtgesellschaftlichen Nutzen zu stiften.
Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen sei ein Akt „wohlwollender Neutralität“. Und die Unterstützung bestimmter kirchlicher Tätigkeiten sei historisch bedingt (Ausgleich der Enteignung in der Säkularisierung von 1803 als Pachtzahlungen) und ansonsten ähnlich zu betrachten wie die staatlich häufig praktizierte Subventionierung anderer zivilgesellschaftlicher Akteure. Wie hoch wären die Opportunitätskosten, wenn Caritas und Diakonie ihre Arbeit nicht mehr leisten und von einem staatlichen Träger ersetzt werden müssten? An Kirchentagen verdienen die Kommunen sogar gute 7-8-stellige Eurosummen, so der Autor. Das Staatskirchenrecht, das das Verhältnis von Staat und Kirche darstelle, habe sich jenseits aller populistischen und sachlich häufig falschen Kritik doch bewehrt.

Staatszielveränderungen mit Maß

Abschließend plädiert der Autor für Veränderungen des Grundgesetzes mit Augenmaß. Dabei müsse die Menschenwürde zwingend beachtet werden. Bei allen rasanten gesellschaftlichen Veränderungen – von Migrationsprozessen über den Klimawandel sowie die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz und Digitalisierung; was gewahrt werden muss, ist des Kern des Menschseins, die Menschenwürde. Bordat liefert eine vorsichtige, sehr differenzierte Sicht auf das Problem der Menschenwürde aus christlicher Sicht, dass Christen helfen kann, für ihr Gewissen wichtige Fragen zu beantworten. Für Theologen, Philosophen und Christen ist dieses gut lesbare Buch sehr zu empfehlen.

Dr. Christoph Rohde, München

kath.net Buchtipp
Ewiges im Provisorium
Das Grundgesetz im Lichte des christlichen Glaubens
Von Josef Bordat
Lepanto Verlag. Rückersdorf 2019
ISBN: 9783942605083
Preis: Euro 15,30

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