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Die neue Sehnsucht nach Erlösung

14. Juli 2015 in Kommentar, keine Lesermeinung
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Ein Höhepunkt ist bei jeder Bundesgartenschau für viele Besucher die Präsentation von prämierten Gräbern. Neuer Trend: Die Gestaltung der Gräber wird immer origineller und offenbart eine Sehnsucht nach Erlösung. Von idea-Redakteur Matthias Pankau


Wetzlar (kath.net/idea) Ein Höhepunkt ist bei jeder Bundesgartenschau (BUGA) für viele Besucher die Präsentation von prämierten Gräbern. Dies gilt auch für die BUGA in diesem Jahr, die bis zum 11. Oktober an fünf Standorten entlang der Havel stattfindet: in der Stadt Brandenburg und dann in nördlicher Richtung in Premnitz, Rathenow, Stölln und der Hansestadt Havelberg. In Havelberg an der Grenze von Brandenburg und Sachsen-Anhalt sind 70 Mustergräber ausgestellt. Hier ist ein neuer Trend zu beobachten: Die Gestaltung der Gräber wird immer origineller und offenbart eine Sehnsucht nach Erlösung. idea-Redakteur Matthias Pankau hat sie sich angeschaut.

Wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, dass die Individualisierungstendenzen unserer verweltlichten Gesellschaft auch vor dem Tod nicht haltmachen, dann erbringt ihn diese Schau auf dem ehemaligen Domfriedhof im sachsen-anhaltischen Havelberg. Erster Eindruck: Es gibt nichts, was es nicht gibt! Da ist die Stele mit dem großen Totenschädel obendrauf – offenbar das Grab für einen Rocker, wie die Inschrift „Papa was a rolling stone“ nahelegt. Oder da ist der Grabstein, der dreidimensional eine riesige Uhr darstellt; er ist – wie könnte es anders sein – für einen Uhrmachermeister bestimmt. Die Zeiger stehen symbolisch auf fünf nach zwölf … Oder da findet man das aus Holz gearbeitete überdimensionierte Schneckenhaus, das ein Doppelgrab ziert. Was sich dessen Schöpfer dabei gedacht hat, bleibt dem Betrachter verborgen.

Der Friedhof ist ein Spiegel der Gesellschaft

Allein diese drei Mustergräber geben einen Trend wieder, den Friedhofsgärtner und Steinmetze in ganz Deutschland beobachten. „Individualismus wird in unserer Gesellschaft großgeschrieben, und das drückt sich auch in der Vielfalt der Grabstätten aus“, sagt Lüder Nobbmann (Hüttenberg) vom Bund Deutscher Friedhofsgärtner. Insofern sei der Friedhof so etwas wie ein Spiegel der Gesellschaft. Immer mehr Menschen wünschten sich eine Grabstelle, die in ihrer Formen- und Symbolsprache an den Verstorbenen erinnert und ihn so zumindest im Gedächtnis seiner Mitmenschen lebendig erhält. Das könne auch über die Bepflanzung eines Grabes geschehen. Allerdings wüssten nur noch die wenigsten um die Bedeutung von Pflanzen, so Nobbmann, renommierter Experte für Symbolpflanzen.

Die Esche symbolisiert Sünde und Strafe

So wie eine Rose nicht gleich eine Rose sei – eine weiße symbolisiert Hochachtung und Liebe, eine gelbe Neid und Eifersucht und die klassische rote Rose Liebe und Abschiedsschmerz –, so steht auch bei der Grabgestaltung jede Blume und Pflanze für eine bestimmte Eigenschaft: Erdbeeren, Ginster oder Maiglöckchen beispielsweise für Demut, Veilchen oder Gänseblümchen für Bescheidenheit und Kornblumen, Mimosen oder Zedern für Beständigkeit. Auch christliche Glaubensinhalte könnten mit der Grabbepflanzung hervorgehoben werden. So symbolisieren Buchsbaum, Immergrün oder Zeder das ewige Leben. Auch Efeu ist ein Sinnbild des Lebens in Christus. Pfingstrosen, Dornenzweige, Weinreben oder Palmen deuten auf Jesus hin. Esche hingegen symbolisiert Sünde und Strafe. Gräser stehen für die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens, wie es in Psalm 103,15–16 formuliert ist. Mit der schwindenden Bibelkenntnis geht laut Nobbmann aber auch das Wissen um die Symbolik bestimmter Pflanzen verloren. Der Wunsch Angehöriger nach Beratung habe in den letzten Jahren deutlich zugenommen.


Auch nach dem Tod: Ich bin anders

Ähnlich ist es bei der Gestaltung der Grabsteine. „Immer mehr Kunden wünschen etwas auf sie Zugeschnittenes, das sich von anderen Gräbern abhebt“, sagt Hermann Rudolph (Obergünzburg), stellvertretender Bundesinnungsmeister beim Bundesverband Deutscher Steinmetze. „Sie wollen sich auch nach dem Tod von anderen unterscheiden.“ Der traditionsreiche Familienbetrieb, den er in vierter Generation führt, habe früher noch klassische Grabsteine vorgefertigt. Das habe sich in den letzten Jahren komplett gewandelt: „Die Menschen wollen individuelle Lösungen und nichts von der Stange.“ Für einige sei die Gestaltung des eigenen Grabsteins vergleichbar mit dem Bau eines Hauses oder der Konfiguration eines neuen Autos, so Rudolph. „Alle Details werden geplant. Das hat für sie Event-Charakter.“ Der Tod wird zum Produkt eines Lebensstils.

Gräber für Schalke-Fans statt für die Familie

Aber nicht nur bei der Gestaltung geht der Trend zum Individualismus, sondern auch bei der Art, bestattet zu werden. Familiengräber – über Jahrhunderte ganz selbstverständlich – würden fast gar nicht mehr nachgefragt, sagt Hermann Rudolph. Anstelle der Familie tritt für Individualisten gern ein Haustier. So wundert es nicht, dass jüngst in Braubach (bei Koblenz) Deutschlands erster Mensch-Tier-Friedhof eröffnet wurde. Wo einst der Ehepartner lag, sollen künftig Hund oder Katze ruhen ... Auch Fußballfans können ihrem Hobby noch im Tod Ausdruck verleihen: Bereits seit 2012 gibt es in Gelsenkirchen einen Schalke-Friedhof in Form eines Fußballfeldes, in dessen Mitte das Club-Logo gepflanzt ist. Für Frauen, die sich zu Lebzeiten zu Frauen hingezogen fühlten, existiert seit 2014 in Berlin der erste Lesben-Friedhof.

Früher war Grabpflege Trauerbewältigung

Mit dem Trend zum Individualismus einher geht eine neue Materialvielfalt. Schwarze Granitsteine, wie man sie auf den meisten Friedhöfen noch findet, sind out, weiß Steinmetz Rudolph. Und das nicht nur wegen ihrer Farbe, sondern vor allem, weil sie so pflegeintensiv sind. „Für die ältere Generation war die Grabpflege noch Trauerbewältigung. Auf dem Friedhof traf man andere Menschen und kam über den schmerzlichen Verlust eines geliebten Menschen hinweg“, erklärt er. „Viele Junge wollen das nicht mehr. Für sie ist der Friedhof ein Ort, den sie am liebsten meiden. Deshalb suchen sie pflegeleichte Grabsteine.“ Im Kommen seien Jurakalkstein, Grauwacke oder Dolomit. Alle drei Steinarten passten sich Wind und Wetter an und bräuchten wenig bis keine Pflege.

32.000 Friedhöfe mit ca. 35 Millionen Gräbern

Geregelt wird die neue Pflanzen- und Materialvielfalt auf unseren Friedhöfen durch die vor acht Jahren veröffentlichten „Richtlinien für die Grabgestaltung“. Man bekommt sie bei jedem Friedhofsgärtner. Sie tragen dem Trend zur individuellen „Erinnerungskultur“ Rechnung. „Zwar ist der Spielraum für individuelle Gestaltungswünsche damit größer geworden“, sagt Friedhofsgärtner Lüder Nobbmann, „dennoch gelten jahrhundertealte und bewährte Gestaltungsregeln wie die Orientierung am Farbkreis oder am Goldenen Schnitt nach wie vor als verbindlich.“ Nicht zuletzt, um ein einigermaßen einheitliches Bild auf deutschen Friedhöfen zu wahren. Rund 32.000 Friedhöfe mit ca. 35 Millionen Gräbern gibt es in Deutschland. Zu den bekanntesten und größten zählen der Friedhof Ohlsdorf in Hamburg oder der Melaten-Friedhof in Köln.

Wenn der Ort zum Trauern fehlt

Das Verhältnis von Erd- und Urnenbestattungen hat sich nach Angaben der Verbraucherinitiative Bestattungskultur (Königswinter) in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugunsten der Einäscherungen entwickelt. Jüngste Erhebungen beziffern das Verhältnis von Erd- und Urnenbestattungen in Deutschland auf 45 Prozent zu 55 Prozent. Zum Vergleich: 1960 wurden noch neun von zehn Deutschen erdbestattet. Besonders im Norden und Osten nehme die Zahl der Urnenbestattungen kontinuierlich zu. Aber auch anonyme Bestattungen auf der grünen Wiese oder die Bestattung in Urnenwäldern hätten Zulauf. Das kann Steinmetz Rudolph aus Bayern bestätigen. Allerdings sieht er diese Entwicklung kritisch. Denn er hat es schon mehrfach erlebt, dass Angehörige diese Entscheidung bereut und nach einigen Wochen darum gebeten haben, die Urne wieder auszugraben. Rudolph: „Ihnen fehlte ein konkreter erreichbarer Ort, an dem sie um den Verstorbenen trauern konnten. Damit sind sie nicht klargekommen.“

Keine Kruzifixe, keine betenden Hände, nicht einmal Psalmverse

Zurück zur Mustergräber-Schau in die Hansestadt Havelberg. Was auf dem bunten BUGA-Friedhof am meisten auffällt: Christliche Symbole fehlen fast vollständig – sieht man von einer Stele mit einem Alpha und einem Omega sowie einem futuristisch anmutenden, aus polierten Metallstreben geformten Kreuz ab. Der einzige Grabstein, der Trost und Hoffnung ausstrahlt – ein großes, aber schlichtes Steinkreuz mit den Worten „Jesus lebt, mit ihm auch ich“ –, stammt noch vom historischen ehemaligen Domfriedhof aus dem 19. Jahrhundert. Wo sind sie nur alle hin, die Engel, Kruzifixe und betenden Hände? Tröstliche Psalmverse sucht man vergebens. „Friedhöfe sind Spiegel der gesellschaftlichen Entwicklung“, sagt Friedhofsgärtnerin Jennifer Tegeler. „Immer mehr Menschen kehren der Kirche und dem christlichen Glauben den Rücken. Das sieht man auch auf den Friedhöfen.“

Sehnsucht nach der Himmelsleiter

Geht man ein zweites oder drittes Mal über den Friedhof, so fällt auf, dass es dennoch eine Sehnsucht nach Erlösung zu geben scheint. Sie wird nicht explizit christlich artikuliert mit Gebeten, Chorälen oder Bibelversen. Aber sie ist da! „Der Tod ist nicht das Ende, nicht die Vergänglichkeit, der Tod ist nur die Wende, Beginn der Ewigkeit“, ist da beispielsweise zu lesen. Gleich mehrfach wird dieser Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod auch mit lateinischen Versen Ausdruck verliehen. „Letum non omnia finit“ (Der Tod beendet nicht alles) steht auf einer Stele. Veranschaulicht wird diese Hoffnung durch einen blauen Stein, der zu leuchten beginnt, sobald das Sonnenlicht hindurchscheint. Auf einem anderen Grabmal ist „Deo volente“ (So Gott will) zu lesen, auf wieder einem anderen „Memento Mori“ (Gedenke, dass du sterblich bist). Und schließlich ist da – ganz ohne Worte – eine Leiter mit teils brüchigen Sprossen. Was anderes sollte sie symbolisieren als die biblische Himmelsleiter, über die man hofft, dereinst zu Gott zu gelangen?



Foto (c) kath.net/Petra Lorleberg


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