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| Führt Säkularisierung zum Moralverfall? Püttmann contra Joas15. Oktober 2012 in Aktuelles, 4 Lesermeinungen Politikwissenschaftler Andreas Püttmann kritisiert eine Publikation des katholischen Sozialphilosophen Hans Joas. Bonn (kath.net) Der Politikwissenschaftler Dr. Andreas Püttmann (Foto), Autor von: Gesellschaft ohne Gott (3. Aufl. 2011), unterzieht im neuesten Heft der Zeitschrift Die neue Ordnung eine Publikation des katholischen Sozialphilosophen Hans Joas ausführlicher Kritik. Der jüngst als Erstunterzeichner des Appells: Ökumene jetzt hervorgetretene Professor wandte sich in seinem neuen Buch Glaube als Option und in den Stimmen der Zeit vom Mai 2012 unter dem Titel: Führt Säkularisierung zum Moralverfall? gegen die Parole des Berliner Pro Reli-Volksentscheids Werte brauchen Gott und meinte: Säkularisierung führt bisher nicht nachweislich zu Moralverfall. Püttmann kritisiert, Joas ignoriere zahlreiche empirische Befunde, die für einen engen Zusammenhang von Glaube und Moral sprächen und stütze sich hauptsächlich auf eine Ländervergleichsstudie, statt die Moral Gläubiger und Nichtgläubiger, kirchennaher und kirchenferner Bürger im jeweils selben Land zu vergleichen, also unter ähnlichen sozialen und kulturellen Voraussetzungen. Auch argumentiere Joas widersprüchlich, wenn er konfessionellen Weltbildern Prägekraft zuspreche, aber die moralische Relevanz christlichen Glaubens gering veranschlage, oder wenn er erst Kausalitätsnachweise fordere und später zugebe, es sei praktisch unmöglich, eine empirisch gesicherte Aussage über die langfristigen, mehrere Generationen umfassenden Wirkungen von Säkularisierungsprozessen auf moralische Orientierungen zu machen. Joas verweist unter anderem auf das 20. Jahrhundert mit seinen heroischen Taten im Dienste säkularer Ideale: der Nation, des Sieges der arischen Rasse, des Kommunismus und folgert, dass die Sakralität von Idealen und die daraus entspringenden Energien eben auch an säkulare Inhalte gebunden sein können. Püttmann erwidert: Der aufopfernde Dienst im Schlachtfeld oder Lager für den nationalsozialistischen Rassenwahn steht dann plötzlich neben der Aufopferung einer Mutter Teresa im Dienst an den Sterbenden. Das tertium comparationis: moralische Dezentrierung. Der ethische Unterscheidungswert: nahe Null. Was spätestens nach 1945 als Moralverfall monströsen Ausmaßes für die Mehrheit der Deutschen offenkundig wurde, hatte ihnen noch wenige Jahre zuvor als moralischer Aufbruch im Pathos des Heroismus gegolten. Ein christlicher Sozialwissenschaftler kommt einfach nicht umhin, die Frage nach Moralverfall nicht bloß formalistisch ohne moralische Axiome zu beantworten. Er muss Sakralität von Pseudosakralität unterscheiden und auch das als Moralverfall erkennen und benennen können, was dem zeitgenössischen Konsens nicht mehr als solcher erkennbar ist. Joas Verneinung einer moralischen Dekadenz in den säkularisierten Gesellschaften blende, so Püttmann, zahlreiche Krisensymptome aus und sei Ausdruck eines Zirkelschlusses: Würde doch Moralverfall stets nicht nur konkrete Missstände zeitigen, sondern auch die subjektiven Maßstäbe dafür verändern, was als moralisch defizitär einzustufen ist. Wenn jemand keinen Moralverfall zu erkennen vermag, kann dies selbst ein Symptom von Moralverfall sein. Püttmanns Fazit: Wenn die Tore unserer Kirchen sich in Europa massenhaft schließen, kann dies langfristig nicht ohne Konsequenzen für unsere Kultur insgesamt bleiben. Diese Sorge sollte ein katholischer Soziologe, der zuletzt ausgerechnet die Regensburger Gastprofessur der Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung innehatte, nicht polemisch als Schlachtruf und plumpe Apologie abtun. Tut er es ungeachtet der Dichte gegenteiliger ideengeschichtlicher Zeugnisse, empirischer Daten und sozialphilosophischer Argumente doch, erweckt er den Eindruck, in seiner Erkenntnis selbst nicht allein wissenschaftlich geleitet zu sein und die Säkularisierung mehr zu illustrieren als zu analysieren. Zum Siechtum des europäischen Christentums gehört sein Mangel an Selbstbewusstsein, den Menschen nicht nur eine Option, sondern etwas Unverzichtbares (Benedikt XVI.) mitzuteilen zu haben, und zwar nicht nur für ein jenseitiges Heil, sondern auch für das irdische Wohl. Eine Kirche, die sich von diesem Anspruch und Antrieb verabschiedet, ist kraftlos geworden wie schales Salz; Es taugt zu nichts mehr, als hinausgeworfen und von den Menschen zertreten zu werden (Mt 5,13). Die komplette Replik, deren Abdruck die Redaktion der Stimmen der Zeit verweigert hatte, findet man online hier: Andreas Püttmann: Führt Säkularisierung zum Moralverfall? Eine Antwort auf Hans Joas
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