Abtreibung: Vatikan-Kritik am EU-Votum für "Recht des Stärkeren"

14. April 2024 in Prolife


Kurienerzbischof Paglia zu Entscheidung im EU-Parlament: Leben im Ganzen verteidigen, "angefangen bei dem der Schwächsten" - Appell zu mehr Unterstützung Schwangerer


Vatikanstadt (kath.net/KAP) Mit Bedauern über das jüngste Votum des EU-Parlaments für ein "Recht auf Abtreibung" hat sich der Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben, Erzbischof Vincenzo Paglia, geäußert. Es sei "sehr bedenklich", dass bei der Entscheidung das Lebensrecht des Kindes übersehen werde, sagte der Vatikan-Experte in einem Interview mit "Vatican News" (Freitag). Das ungeborene Kind sei stets schwächer, könne nicht für sich sprechen und nichts einfordern. Die Rechte des Stärkeren durchzusetzen sei "zu einfach" und es sei eine "falsche Entscheidung, ein Recht nur für eine Partei einzufordern, nicht für beide", befand Paglia.

Das EU-Parlament hatte am Mittwoch mit 336 Stimmen dafür und 163 dagegen - 39 Abgeordnete enthielten sich - die Aufnahme eines Rechts auf Abtreibung in die europäische Grundrechte-Charta gefordert. Die Mitgliedsstaaten sollen darin das "Recht auf körperliche Selbstbestimmung und auf einen freien, informierten und umfassenden Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit" - darunter auch Abtreibung - aufnehmen.

Als Schlüsselfrage bei der Abtreibungsdebatte nannte Paglia, ob der gezeugte Mensch "Leben oder nicht" sei. Wenn ja, "mit welchem Recht schließe ich es aus oder beseitige es?", stellte der Vatikan-Vertreter infrage. Das Recht dessen, der geboren werden soll, zugunsten der Rechte eines anderen völlig außer Acht zu lassen, sei ein "kultureller Rückschritt", die Entscheidung in Brüssel "ideologisch im negativen Sinne". Das EU-Votum spiegle den "Vormarsch des Individualismus" wider, sowie die Tendenz einer "totalen Wiederbelebung individueller Rechte auf Kosten der Pflichten gegenüber anderen".

Nach kirchlichem Verständnis komme jedem Menschen ab der Zeugung eine "unendliche Würde, die niemanden ausschließt" zu, verwies der Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben auf die gerade veröffentlichte Vatikan-Erklärung zur Menschenwürde "Dignitas infinita". Die Kirche verteidige deshalb das Leben und trete gegen Todesstrafe, Krieg und Abtreibung ein, ebenso auch gegen Ungerechtigkeit, Verstöße gegen Rechte am Arbeitsplatz oder gegen den Lebensschutz für unter schrecklichen Bedingungen Arbeitenden. Das Leben im Ganzen brauche Verteidigung, "angefangen bei dem der Schwächsten".

Weiters gab Paglia zu bedenken, dass ein Recht auf Abtreibung die notwendige Unterstützung für Frauen untergraben würde. Viele Schwangere würden "aus Verzweiflung" abtreiben, etwa infolge wirtschaftlicher, psychologischer oder anderer Probleme - viele deshalb, "weil sie allein sind und keine Hilfe bekommen". Darauf gelte es Antworten zu finden, mit einer "Kultur des Wir statt des Ich". Wichtig sei, die "Mitverantwortung für das Leben, das geboren wird" wiederzuentdecken. Dazu gehöre "ganz wesentlich" auch die "Fürsorge für die Frauen, die dieses Leben in sich tragen".

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